Dienstleistungsmarketing in der Abfallwirtschaft

 

Strategien und Maßnahmen zur Optimierung der Wertstoffkreisläufe

 

​Im März erhielten unsere Studenten von der Abteilung Abfall- und Wertstoffsammlung beim Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover (aha) den Auftrag ein Marketingkonzept für die Wertstoffhöfe zu entwickeln. aha nimmt die Aufgaben des öffentlich-rechtliches Entsorgungsträgers wahr. Im Abfallwirtschaftsprogramm ist das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung und des vorausschauenden Umweltschutzes wie auch das Gebot einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung verankert.

Ausgangssituation

 

Die Abfallwirtschaft ist ein bedeutender Wirtschaftszweig, denn Abfälle enthalten wertvolle Rohstoffe. Die Aufgabe der Abfallwirtschaft besteht darin, diese Wertstoffe in geschlossene Kreisläufe zu führen und wieder nutzbar zu machen sowie die Reststoffe umweltverträglich zu entsorgen. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Schonung der natürlichen Ressourcen wie auch zum Klimaschutz. Auf den Wertstoffhöfen in der Region Hannover werden jährlich 4,13 Millionen Anlieferungen von Abfällen und Sperrabfällen aus privaten Haushalten entgegengenommen, nach 15 verschiedenen Abfallfraktionen sortiert und schließlich an Betreiber von Sortieranlagen oder Entsorger abgegeben. Dennoch gibt es immer noch viele Haushalte, die den Müll nicht trennen sondern als Gemisch in der Reststofftonne abholen lassen. Der Abfall ist dann verunreinigt so dass die enthaltenen Wertstoffe nicht mehr wirtschaftlich extrahiert werden können. Dieses Wertstoffpotenzial kann und soll zukünftig besser ausgeschöpft werden.

 

Briefing

 

Ursprünglich hatte aha alle Student/innen eingeladen um sie ausführlich zu informieren und offene Fragen im direkten Dialog zu klären. In dem Zusammenhang war auch die Führung über einen Wertstoffhof geplant. Dann kam der Lockdown, sodass das Briefing schriftlich erfolgen musste. Wie sich nachträglich herausstellte erschwerten diese Umstände unseren Studenten den Einstieg in das Projekt zunächst ganz erheblich.

 

Intention von von aha

 

Um die steigenden Recyclingquoten des Gesetzgebers für die einzelnen Wertstoff-Fraktionen zu erfüllen will aha in einer Kampagne über die Wichtigkeit der Wertstofftrennung informieren und an die  Bürger in der Region appellieren, das Angebot der Wertstoffhöfe im Falle der bisherigen Nichtverwender zu nutzen und im Falle der Nutzer noch öfter und intensiver als bisher zu nutzen. Hiermit soll letztlich das Wertstoffvolumen erhöht werden. Ergänzend soll auch die Bedeutung der Arbeit auf den Wertstoffhöfen bewusst gemacht werden um die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern auf den Wertstoffhöfen zu steigern.

 

Projektorganisation

 

Das Projekt wurde in Teams von jeweils zwei Studenten bzw. Studentinnen bearbeitet. Nach Bekanntgabe des Projektauftrags fertigten die Teams ein Exposé inklusive einer vorläufigen Gliederung der Projektarbeit welches mit der Korrektorin besprochen wurde. Nach dem Briefing wurde das Informationsmaterial von aha gesichtet und es wurden offene Fragen geklärt. Trotz Kontaktsperre in der ersten Projektphase hat die Zusammenarbeit dank WhatsApp, Telefon und Screen Sharing hervorragend funktioniert. Alle Teams folgten einem Projektplan, teilten die Arbeitspakete untereinander auf und stimmten an den Meilensteinen die Ergebnisse ab.

 

Marketingkonzepte

 

Am Anfang aller Überlegungen stand die Situationsanalyse. Hier zeigten sich zunächst noch Informationsdefizite so dass aufwändige Recherchen und auch Klärungsprozesse mit aha nötig waren. Im Rahmen der SWOT-Analyse stellten sich beispielsweise folgende Fragen:

  • Worin könnten die Ursachen liegen, dass die Mülltrennung nicht von allen Haushalten wahrgenommen wird?
  • Welche Bedingungen wirken sich positiv auf die Mülltrennung aus?
  • Gibt es Schwachstellen im Leistungsangebot von aha die es einzelnen Bürgern schwer oder gar unmöglich machen das Angebot der Wertstoffhöfe zu nutzen?
  • Können die Stärken des Unternehmens und insbesondere der Wertstoffhöfe genutzt werden um positive Anreize für das gewünschte Verhalten zu bieten?
  • Gibt es Best Practice Modelle hierfür?

Aus der Kombination dieser Befunde konnten bereits erste strategische Entscheidungen abgeleitet werden.

Bei der Zielfestlegung war zu prüfen ob alle von aha angestrebten Zustände als Ziel formuliert sind. Es folgte die Entwicklung eines Zielsystems, das Ober- und Unterziele enthält und in dem alle Zielkonflikte aufgelöst sind. Bei der Zielformulierung wurde darauf geachtet, dass die Ziele hinsichtlich Inhalt, Ausmaß und Zeit operationalisiert werden. Hier orientierten sich die Student/innen im Wesentlichen an den Vorgaben der Auftraggeberin mit dem Oberziel: Erhöhung der Nutzung und Inanspruchnahme der Wertstoffhöfe um 15 % im Zeitraum von Sommer 2020 bis Sommer 2021.

Die Strategieentscheidungen fielen sehr unterschiedlich aus, so dass der Auftraggeberin nun vier verschiedene Lösungsansätze vorliegen die alle ihre Berechtigung haben. Entsprechend vielfältig fielen die Maßnahmenempfehlungen im Marketing-Mix aus die sich auf die klassischen vier Ps (Product, Price, Place, Promotion) wie auch auf die drei Ps im Dienstleistungsmarketing (Personal, Process, Physical Facilities) beziehen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Student/innen für die Wertstoffhöfe viele Optimierungspotenziale entdeckt haben die erfolgsentscheidend sind. Dazu wurden pragmatische und realistische Lösungsvorschläge vorgetragen. Im Vordergrund stand bei allen Konzepten die Kommunikation in Form der Kampagnenplanung. Diese könnte natürlich noch weiter ausgeführt werden was allerdings den Rahmen dieses Projektes sprengen würde.

 

Statements der Studenten und Studentinnen zur Projektarbeit

 

Eine Befragung der Student/innen ergab, dass alle sich sehr gut mit dem Thema der Arbeit identifizieren konnten. Entsprechend gab es viele positive Rückmeldungen zu der Frage: Was hat Ihnen Spaß gemacht? Hier wurde sowohl die Freude am selbständigen Arbeiten, an der Teamarbeit, am Diskutieren wie auch an der inhaltlichen Gestaltung genannt. Eine Studentin formulierte das so: Uns hat es Spaß gemacht „die Maßnahmen von der Idee zu einem Katalog zu formulieren und daraus ein ganzes Konzept entstehen zu lassen hinter dem wir stehen und glauben, dass es aha weiterbringen wird.“ Letztlich sind nun alle sehr zufrieden mit ihrer Arbeit auch wenn im Nachhinein hier und da schon Verbesserungspotenziale festgestellt wurden. Die entscheidende Frage, ob es lehrreich war, selbständig ein Marketingkonzept zu entwickeln, haben alle mit Nachdruck bejaht und in folgendem Sinn begründet. O-Ton einer Studentin: „Für mich war es lehrreich und vor allem wichtig um einige Zusammenhänge zu verstehen, die in der Theorie häufig nicht ganz deutlich für mich gewesen sind und erst in der Praxis wirklich Sinn ergeben. Selbstständiges Arbeiten erzeugt meiner Meinung nach den größten Lerneffekt.“

Hier finden Sie eine Dokumentation zum Interview unserer Studenten

Slogan für die Bewerbung der Wertstoffhöfe

 

Briefing für die Studenten der Norddeutschen Akademie

 

Abfallfraktionen auf den Wertstoffhöfen

 

Arbeitsalltag auf einem Wertstoffhof: Ein Mitarbeiter managt die Logistik

 

SERVICE wird  groß geschrieben auf dem Wertstoffhof: Mitarbeiter unterstützen bei der Abfallsortierung.

 

Die hilfsbereiten Mitarbeiter packen auch gerne mal mit an wenn es nötig ist. 

 

Rückmeldung der Auftraggeberin

 

Natürlich liegt uns ganz besonders am Herzen, dass auch aha mit den Projektarbeiten der Studierenden zufrieden ist. Deshalb freuen wir uns sehr über die Rückmeldung der Auftraggeberin, Dunja Veenker, Abteilungsleiterin Abfall- und Wertstoffsammlung. Sie schreibt:

„Die Marketingkonzepte der Studierenden helfen uns die Anforderungen der zukünftigen Generation der Wertstoffhofnutzer in unsere Weiterentwicklung der Dienstleistung mit einfließen zu lassen. Der „unverbrauchte“ Blick der Studierenden auf das Produkt Wertstoffhöfe unterstützt uns die Betriebsblindheit ein Stück weit zu reduzieren und Offensichtliches sichtbar werden zu lassen. Die Ergebnisse waren so hilfreich, dass wir einige Vorschläge in Zukunft umsetzen werden. Wir sind von der Qualität der Arbeiten begeistert und wünschen den Studierenden viel Erfolg auf ihrem weiteren Lebensweg.“